Die frühe Abfahrt und die nicht ganz optimalen Wetteraussichten (mehr dazu später) taten der Vorfreude auf einen Bündner Gipfel keinen Abbruch. Spätestens nach dem uns die Luftseilbahn von Sedrun auf die Alp Tgom (1913 m) gebracht hatte, waren alle acht Personen auch mental in der Winterwelt angekommen. Mit den Blicken ständig auf die Wolken (oder eher: die wenigen Wolkenlücken) gerichtet waren die anfänglichen, mässig steilen Hänge rasch erstiegen. Die steiler werdenden Hänge verlangten nicht nur von der Tourenleiterin vollen Einsatz (vielen Dank, Julia für deine tolle Pickel-Arbeit!!!), sondern lenkten auch bei den Teilnehmern die Aufmerksamkeit etwas vom eintrübenden Himmel ab. Die skibergsteigerischen Herausforderungen gut gemeistert, dämpfte jedoch der einsetzende Schneefall die Hoffnungen auf das Gipfel-Glück und bei den meisten Teilnehmern wahrscheinlich auch etwas die Stimmung. Doch siehe da, bald gaben die April-artigen Wetterkapriolen die Sicht auf die tief verschneite Bünder Bergwelt wieder frei und auch eine 100-Höhenmeter Abfahrt auf Fellen konnte unseren Vortrieb nicht mehr bremsen. Nach einer zeitlichen Hochrechnung mussten wir dann aber doch den Gipfel begraben und machten uns vom windigen Sattel an die Abfahrt. Und wer hätte das gedacht: Aufgrund der nord-westseitigen Exposition war die Pulver-Auflage der letzten Tage bestens konserviert, so dass, der eine oder andere Freuden-Jauchzer zu hören war. Die Abfahrt hielt noch eine kleine Herausforderung bereit, denn es galt, einen Durchgang zwischen den Steilhängen und diversen Lawinenkegeln hinunter in die beschauliche Ebene von Surrein zu finden. Die 200 Höhenmeter hinauf zum Bahnhof von Tschamut-Selva, einschliesslich Sprint zum auf uns wartenden (!!!) Zug forderten noch ein wenig die letzen Reserven.
Fazit: Es war ein langer und etwas anstrengender Tourentag, aber die Freude über die positive Wendung des Wetters, die 1a-Pulverhänge und die gut gemeisterten „Schlüsselstellen“ überwiegten bei weitem. So sind, den angeregten Gesprächen nach zu schliessen, alle Teilnehmer etwas müde aber begeistert nach Hause gefahren (wohlgemerkt ab Chur stehend im Speisewagen!).
Rainer Sachseder