Eine der landschaftlich schönsten und hochtourentechnisch abwechslungsreichsten Routen auf einen Schweizer Viertausender. Die Schwierigkeiten bewegen sich im gemässigten Rahmen mit Kletterstellen bis im 2. Grad sowie nur kurzen, ausgesetzten Stellen im Firn. Diese können bei guten Bedingungen sehr gut am kurzen Seil gesichert werden. Zudem befinden sie sich in Gipfelnähe. Bei widrigen Bedingungen ist es möglich, den "Gipfel" auf diesen "Vorgipfel" zu verlegen, was das Gesamterlebnis nicht schmälert.
Wichtig: Für diese Tour braucht es zwei bis drei SeilschaftsführerInnen. Falls du dir nicht sicher bist, ob du eine Seilschaft führen möchtest, melde dich telefonisch bei mir unter 076 344 94 44.
Überschreitung Weissmies von Süden nach Norden
Acht Frauen haben sich am Sonntag auf den Weg gemacht und am ersten Tag bei angenehmen Wetter die Almagellerhütte SAC auf 2892 m ü. M. erreicht. Caroline Fink, unsere Tourenleiterin, hat uns dort, vor dem sehr feinen und ausgiebigen Nachtessen, das Vorgehen für die Überschreitung des Weissmies 4017 m ü. M. erklärt. Sie hat uns mit kleinen Übungseinheiten auf den nächsten Tag vorbereitet und die vier Zweierseilschaften eingeteilt.
Am nächsten Tag ging es schon um 4:00 Uhr los mit dem «Frühstück» und um 4:45 Uhr machten wir uns auf den Weg Richtung Zwischenbergpass auf 3242 m ü. M., wo wir den Sonnenaufgang bestaunen durften.
Ein weiterer stündiger Aufstieg im Firn folgte; eine unachtsame Seilschaft über uns löste dabei beim Einstieg in die Kletterpassage einen kleineren Stein, der an uns vorbeisauste. Was einmal mehr zeigt, wie sorgfältig man selbst bei losem Gestein auf Bändern sein muss, wenn sich Seilschaften unter einem befinden. Ebenfalls beim Fels angekommen, entledigten wir uns der Steigeisen und wechselten in den Kletter-Modus. Eine sehr schöne Kletterei in festem Fels im zweiten Grad erwartete uns. Der letzte Gipfelaufstieg war ein ausgesetzter Firngrat, den wir in
Zweierseilschaften am kurzen Seil in Angriff nahmen. Den Gipfel haben wir mit etwas Verspätung um 11.30 Uhr erreicht.
Sehr glücklich standen wir auf über 4000 m ü. M mit dem Wissen, dass der Abstieg über den Triftgletscher anspruchsvoll werden wird. Auf dem Gipfel hatten wir den Bergführer Ralf Weber angetroffen, den Caroline kannte. Da sein Gast mit dem Gleitschirm ins Tal segelte, haben wir ihn eingeladen sich bei uns am Seil einzuhängen.
Mit Elan machten wir uns am kurzen Seil in Zweierseilschaften auf den steilen Abstieg über die Schulter Richtung Westen. Bald wechselten wir ins lange Seil, da wir uns den Gletscherspalten näherten. Anschliessend wieder ans kurze Seil, weil die Flanke steil ist. Der Abstieg war für mich anspruchsvoll, mental wie auch körperlich.
Fast am Ende des Gletschers, nahe der Moräne, plötzlich der Schreck! Caroline verschwand in einer Spalte. Bettina, die sehr fit, aber auf Hochtouren noch nicht sehr erfahren ist und mit Caroline eine Seilschaft bildete, hat sie super gehalten und sogleich mit dem Pickel gesichert. Auch war es ideal, dass Caroline mehrere Knoten in ihr Partieseil geknüpft hatte, welche gut funktionierten, und Caroline somit nur ca. 1.5 Meter runter fiel. Da wir sie jedoch nicht mehr sahen, haben wir uns alle sehr erschrocken. Von der anderen Seite der Stelle eilte uns dann eine Gruppe aus Ungarn mit Bergführer zu Hilfe. Auch sie mussten, eine halbe Stunde vorher einen Kollegen aus einer Spalte weiter vorne herausziehen. Auch Ralf, unser Bergführer-Engel war nach circa fünf Minuten vor Ort und half mit. Mit vereinten Kräften wurde Caroline schnell und relativ unbeschadet aus ihrer misslichen Lage befreit, mit beim Sturz zugezogenen leichten Quetschungen und einem etwas verstauchten Daumen.
Wir haben sehr viel gelernt auf dieser Tour und vor allem auch, wie es ist, wenn jemand in eine Spalte fällt, und wie sie am Besten wieder rausgezogen werden kann.
Was bemerkenswert ist, dass wir alle keinen Handy-Empfang hatten und wir die Flugrettung somit nicht hätten alarmieren können. Caroline hatte zwar in ihrem Rucksack ein Satellitennotrufgerät, welches sie uns am Vortag auch erklärt hatte. Das Gerät war in dem Moment jedoch mit ihr in der Gletscherspalte und sie hatte keinen Zugang. Es wäre deshalb wichtig, dass auf einer solchen Tour immer zwei solche Notfallgeräte dabei wären.
Im Zug auf der Heimreise hatten wir viel Zeit diese Aspekte unserer Tour zu diskutieren, evaluieren und vor allem aufzuarbeiten. Wir waren einstimmig der Meinung, dass es eine grandiose Tour bei grandiosem Wetter und idealen Bedingungen gewesen war und wir sie alle nicht missen möchten. Wir könnten schon fast sagen, es war eine Einsteigerinnen-Hochtour mit Tipps, Tricks und «learning by doing»!
Danke Caroline für diese in allen Belangen sicher durchgeführte, lehrreiche Tour.
Ellen Bringolf
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